Werner Mauss in der Internationalen Presse  

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Revista Cambio

Die ELN muss mit den Entführungen aufhören

vom 21.06.1999
 
   
Mit Werner Mauss zu sprechen war nicht einfach. Seit dem Moment als wir erfuhren, dass er in Europa daran arbeitete die Friedensgespräche zwischen der ELN und der Regierung neu aufnehmen zu lassen haben wir versucht uns mit ihm in Verbindung zu setzen um mit ihm über dieses Thema zu reden. Anfangs konnte er nicht, weil gerade ein wichtiges Treffen zwischen den Guerilleros und einem hohen Vertreter der Kirchenhierarchie stattfinden sollte und ein Gespräch, ihrer Ansicht nach, deshalb nicht angebracht war. Und danach ging es nicht weil gewisse Episoden, die auf dieses Treffen folgten, abgewartet werden mussten. Und später schließlich, weil Mauss beschlossen hatte, dass es seine Frau Michaela sein müsste, die mit den kolumbianischen Medien sprechen sollte, was in der Tat in der vergangenen Woche geschah.

Das Gespräch konnte rechtzeitig zur Ankunft des deutschen Ex-Ministers Bernd Schmidbauer in Kolumbien stattfinden. Nach tausend Anläufen Werner Mauss in Deutschland zu finden akzeptierte er schließlich nach und nach dieses Interview zu geben. Zuerst sprachen wir per Telefon über die Hauptthemen des Interviews, dann bat er um die Angabe der Themen per Fax und schließlich führten wir ein zweistündiges Telefongespräch mit Michaela Mauss als Simultanübersetzerin in einer anderen Leitung. Bei dem Gespräch das von Werner Mauss mit Erklärungen und Anmerkungen auf Englisch gewürzt war empfahl die umstrittene Persönlichkeit schließlich der ELN sich zu verpflichten mit den Entführungen aufzuhören um dadurch einen Friedensdialog zu erreichen und dem Beschluss der Regierung sich an einen Verhandlungstisch zu setzen Folge zu leisten.
 

Es folgen die wichtigsten Teile des Interviews:
 
Roberte Pombo: Beschreiben Sie, wie Sie Kontakt mit der ELN aufgenommen haben und wie sich die Beziehung seit damals vertieft hat?

Werner Mauss: Meine Frau und ich wurden Ende 1984 in Absprache mit den deutschen Sicherheitsbehörden nach Kolumbien entsandt um entführte deutsche Techniker zu befreien und zu helfen eine Baustelle im Gebiet zwischen Arauca und Cúcuta zu schützen. Zuerst, war es unser Auftrag die Guerilla zu bekämpfen. Da wir noch nie zuvor in Kolumbien gearbeitet hatten, haben wir einige Monate sehr genau die Problembeseitigung sondiert. Wir stellten fest, dass die Bevölkerung im Gebiet der Baustelle trotz des Ölreichtums weit unter dem Existenzminimum lebt und wir kamen zu dem Schluss, dass diese problematische Situation die Existenz der Guerilla verursacht hat. Wir haben dann festgestellt, dass die Baustelle geschützt werden kann indem man die Armut bekämpft und nicht die Guerilla.

R.P: Und wie ging das aus?

W.M: Daraus entstand ein Pilotprojekt entlang einer mehr als 300 km langen Baustelle und ein Sozialprogramm um der dort lebenden Bevölkerung zu helfen, die nicht das Notwendigste zum Überleben besaß, wie Medikamente und andere Grundvoraussetzungen. An diesem Programm nahmen Mitglieder der ELN teil, die sich erst sehr viel später als Mitglieder der Guerilla identifizierten. Diese Art das Problem anzugehen hat uns auch die Achtung und Anerkennung der ELN verschafft, die die Techniker freiließ. Das Projekt wurde ohne weitere Angriffe seitens der Guerilla beendet.

R.P: Das Projekt von dem Sie sprechen war eine Pipeline, die von der Firma Mannesmann gebaut wurde. Informationen des militärischen Sicherheitsdienstes besagen, dass die Firma der ELN über Sie einen Geldbetrag bezahlt hat damit sie das Projekt nicht mehr sabotierte. Was sagen Sie dazu?

W.M: Das war nicht so wie Sie es beschreiben. Es gab keine Forderung der Guerilla und auch keine Zahlungen seitens der Firma. Es gab jedoch ein Investitionsprogramm für die Region, das auf Initiative von mir und meiner Frau eingerichtet wurde. Es wurden mehr als tausend Menschen eingestellt man erhielt Unterstützung anderer Firmen, und es gab jede Menge Aktivitäten für die Bevölkerung, die von dem damaligen Procurador und dem Vizeprocurador gebilligt und kontrolliert wurden. Ich glaube sogar der Präsident war darüber informiert, was dort geschah. Ich erinnere mich an alle möglichen Aktivitäten, z. B. die Übergabe von Medikamenten und Geschenken an die Leute. Einmal haben wir Weihnachten einen verkleideten Nikolaus nach Saravena gebracht. Meines Erachtens hat das der ELN gefallen und die entführten Arbeiter wurden deshalb freigelassen.

R.P: Wie würden Sie Ihre derzeitige Beziehung zur ELN beschreiben?

WM: 1995 haben wir vom Deutschen Kanzleramt den Auftrag erhalten zu sondieren, ob die Guerilla daran interessiert ist den Krieg zu beenden und unter welchen Bedingungen. Ich glaube, dass es uns gelungen ist diesen Auftrag zu erfüllen obwohl wir viele Probleme überwinden und unseren eigenen Leidensweg erfahren mussten. Unsere Beziehungen mit der ELN sehen wir im Zusammenhang mit dieser Mission mit der uns 1995 das deutsche Kanzleramt beauftragte: die Ingangsetzung des Friedensprozesses zu unterstützen. Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, dass der Erfolg eines Friedenstisches nur mit Hilfe einer souveränen, unparteiischen ausländischen Regierung als Schlichter und Vermittler zwischen den Partelen erreicht werden kann.

R.P: Aber für die kolumbianischen Behörden steht fest, dass ihre Beziehung zur ELN auf finanziellen und nicht politischen Interessen beruht. Was sagen Sie dazu?

W.M: Als Antwort auf die erste Frage habe ich den Beginn unserer Beziehung zur ELN beschrieben. Danach ab 1986 waren wir in anderen Teilen der Welt im Einsatz. Erst 1988 konnten wir in Kolumbien die Befreiung von fünf Europäern ohne Lösegeldzahlung erreichen. Damals haben wir erstmalig eine Kommission der ELN für diese Verhandlungen nach Deutschland eingeladen. Diese Kommission hielt sich eine gewisse Zeit in Deutschland auf und übergab dem Kanzleramt eine Petition in der um die Einhaltung der Menschenrechte in Kolumbien gebeten wird. Die Übergabe dieser Petition, die heute auch in Kolumbien bekannt ist, war entscheidend für die sofortige Befreiung der Entführten ohne Lösegeldzahlung.

R.P: Weshalb bestehen Sie darauf bei der Befreiung von Geiseln der ELN zu vermitteln? Hat Ihnen diese Art von Arbeit nicht bereits genügend juristische Probleme in Kolumbien gebracht?

W.M: Unsere Arbeit und unser Ziel war von Anfang an zu helfen, dass die ELN ganz auf Entführungen verzichtet. Das Ziel war und ist es die Gewalt zugunsten von Friedensgesprächen aus dem Konflikt zu nehmen. Bereits vor dem Treffen im Kloster Himmelspforten bei Würzburg haben wir geholfen Geiseln der ELN ohne Lösegeldzahlung zu befreien. Unsere Verhaftung im November 1996, die durch eine schwere Intrige verursacht wurde, hat nichts mit unserer Arbeit beim Friedensprozess zu tun.

R.P: Was war das für eine Intrige?

W.M: Für uns ist es ganz klar, dass Menschen, die den Friedensprozess verteidigen Opfer von Angriffen und Intrigen der Friedensgegner werden. Einer kleinen Gruppe von Intriganten gelang es uns neun Monate in kolumbianischen Gefängnissen festzuhalten. Sie konnten jedoch die Fortsetzung unserer Arbeit nicht verhindern. Außerdem hat uns am 20. Mai 1998 das Tribunal von Antioquia rehabilitiert und freigesprochen. Das Urteil besagt, dass wir niemals gegen kolumbianisches Gesetz verstoßen haben, dass unsere Arbeit dem Friedensprozess galt und dass die Verhaftung illegal war. Außerdem haben die Staatsanwälte bewiesen, dass die Entführung der Frau Schöne von gemeinen Kriminellen begangen wurde und die ELN auf ein Gesuch der deutschen Regierung an dem bereits bestehenden Gesprächstisch für den Frieden dabei geholfen hat Frau Schöne zu befreien. Wie in Kolumbien jeder weiß wurden die Entführer festgenommen und verurteilt.

R.P:  Viele Kenner der Materie sagen, dass die Vermittlung bei der Befreiung von Entführten in Kolumbien nicht länger eine humanitäre Angelegenheit ist sondern inzwischen zu einem Mechanismus zur Stärke dieses Deliktes im Lande wurde. Was sagen Sie dazu?

W.M: Meine Frau und ich sind gegen jede Art von Gewalt, vor allem, das ist klar, gegen die Entführungen. Ich denke, dass der Konflikt mit der Guerilla Organisation so schnell wie möglich an einem Friedenstisch verhandelt werden sollte. Unserer Meinung nach könnten die Verhandlungen mit der ELN sofort mit einem Ende der Entführungen und der Befreiung aller Geiseln beginnen. Hier Ist es wichtig, dass beide Seiten ihre Wünsche einem erfahrenen Vermittler vortragen damit dieser hilft - vielleicht mit Unterstützung ganz Europas - neue Wege zu öffnen um Vereinbarungen zu finden.

R.P: Wie sähe diese Unterstützung Europas aus?

W.M: Wenn die deutsche Regierung von Kolumbien eine offizielle Petition erhalten würde, würden sich andere europäische Länder an diesem Prozess beteiligen. Außerdem könnte die europäische Gemeinschaft große finanzielle Hilfe leisten.

R.P: Sind Sie und Ihre Frau diplomatische Agenten der ELN?
W.M: Wir halten genügend Abstand zu den Konfliktparteien. Wir verteidigen unparteiisch den Schutz der Menschenrechte. Wir hegen keinen Zweifel hierüber, weil wir weder Sprecher noch Mitglieder der ELN sind.

R.P: Weshalb sind Sie zur Befreiung der Geiseln nicht mit Ex-Minister Schmidbauer mitgekommen?

W.M: Herr Schmidbauer hat im Einvernehmen mit der deutschen Regierung und der gesamten Opposition Prüfungsgespräche mit dem ersten Kommandanten Nicolás Rodríguez und dem vierten Kommandanten der ELN in Deutschland geführt, die dann am vierten Juni in Rom in einem Gespräch mit Kardinal Dario Castrillon gipfelten. Die Verhandlung zur Befreiung der Geiseln war eine politische Aufgabe des Herrn Schmidbauer und er hat die deutsche Regierung über alle Details informiert. Für eine schnelle Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit der ELN wäre es wichtig, dass auch der kolumbianische Präsident mit Herrn Schmidbauer spricht.

R.P: Aber die deutsche Regierung erkennt diese Kontakte, von denen Sie sprechen, nicht an....

W.M: Das ist logisch. Der Auftrag den die deutsche Regierung Herrn Schmidbauer zur Erstellung einer Analyse der Situation erteilte war vertraulich. Als er sich durch Kommandant Nicolás bewusst wurde, dass die Möglichkeit der Befreiung und des Dialogs bestand teilte er der deutschen Regierung mit, dass er teilnehmen sollte. Aber die deutsche Regierung sagte, er könne nur dann teilnehmen wenn Kolumbien darum bittet. Andernfalls würde man sich in interne Angelegenheiten des Landes einmischen oder Partei ergreifen indem man nur mit der einen oder der anderen Seite redet. Seine Erklärungen müssen diesem Kriterium gerecht werden.

R.P: Offensichtlich besteht die ELN darauf Sie gegen alle Einwände als Vermittler zu benutzen und Deutschland hier hineinzuziehen. Weshalb?

W.M: Unserer Ansicht nach wird Deutschland mit seiner Erfahrung und auch mit der Unterstützung anderer europäischer Länder allen Anforderungen gerecht um den Konflikt wirklich zu beenden. Selbstverständlich sind meine Frau und ich bereit, unsere Hilfe und Erfahrung einzubringen wenn das der Wunsch der Konfliktparteien oder des Vermittlers ist.

R.P: Welche Rolle spielt Schmidbauer in diesem Prozess?

W.M: Herr Schmidbauer ist Mitglied des Deutschen Bundestages und hat die totale Unterstützung seiner Fraktion um im Friedensprozess in Kolumbien zu helfen. Er wurde auch von der jetzigen deutschen Regierung ausgewählt den Friedenswillen der ELN zu prüfen. Auch in Zukunft könnte er am Verhandlungstisch für den Frieden eine wichtige Rolle spielen.

R.P: Ist Schmidbauer Ihr Teilhaber?

W.M: Ich habe keine Firma zusammen mit Herrn Schmidbauer gegründet so wie dies im CAMBIO stand. Es gab weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft einen solchen Plan. Herr Schmidbauer war Minister im Kanzleramt und Koordinator der Geheimdienste. Durch sein Mandat als Bundestagsabgeordneter besitzt er das Vertrauen vieler Deutscher. Er ist beliebt und hat am 4. Juni in Rom die Befreiung vieler Geiseln erreicht. Das sollten die Kolumbianer anerkennen und Schmidbauer sollte auch in Zukunft unterstützt werden.

R.P: Hatten Sie irgendwelche Kontakte mit der Regierung von Andres Pastrana hinsichtlich der Befreiung von Entführten oder um Friedensgespräche mit der ELN vorzubereiten?

W.M: Präsident Pastrana hat kurz nach seinem Amtsantritt im August 1998 seinen Friedenshochkommissar, Dr. Victor G. Ricardo, nach Deutschland entsandt und uns beauftragt zu helfen den damals entführten Senator Carlos Espinosa von der ELN freizubekommen. Espinosa war im Zusammenhang mit den Massakern von Barrancabermeja entführt worden. Ziel der ELN war ein Ende der Massaker. Meine Frau und ich haben uns verpflichtet in Zukunft für den Friedensprozess zur Verfügung zu stehen wie wir dies auch mit dem Berater des Herrn Präsidenten abgesprochen haben. Espinosa kam ohne Lösegeldzahlung frei. Vom Kongress beauftragt, reiste er nach Deutschland, um mir, meiner Frau und Herrn Schmidbauer zu danken. Danach, d.h. am 18. November 1998, hat uns die ELN ein Mandat für den Frieden erteilt. Wir haben auch über die Befreiung eines Deutschen verhandelt der im Dezember entführt wurde und die Befreiung mit der Unterstützung der deutschen Regierung ohne Lösegeldzahlung erreicht.

R.P: Als Fazit - welche Zukunft sehen Sie für einen Dialog ELN - Regierung?

W.M: Auf der Grundlage unserer tiefen Erkenntnisse kann ich nur empfehlen, dass der kolumbianische Präsident einen Vermittler beauftragt damit sofort ein Dialog beginnen kann. Meine Frau und ich haben einen 5-Punkte Plan der ELN.

R.P: Wie lauten die 5 Punkte?

W.M: Es sind 5 Punkte eines Plans mit dem alle Geiseln in kürzester Verhandlungszeit befreit werden könnten und auch die Gewaltaktionen aufhören würden. Natürlich wird eine bilaterale Aktion erforderlich. Am wichtigsten ist, dass sofort alle Gewalt aus dem Konflikt genommen wird, einschließlich Entführungen, in einem noch festzulegenden Zeitraum, um die Möglichkeiten - die bereits existieren - für eine Lösung anzuwenden. Himmelspforten war ein Anfang. Die Beendigung der Gespräche und das Zuschlagen der Türen In Venezuela war ein Fehler der viel Frustration, Streit und Gewalt verursacht hat.

R.P: In welcher Beziehung stehen Sie zur englischen Firma Control Risk?

W.M: Die Firma Control Risk war für die Intrigen verantwortlich die zu unserer Verhaftung führten. Das hat dem Friedensprozess großen Schaden zugefügt. Über die Firma Control Risk werden Versicherungen gegen Entführung abgeschlossen. Diese Versicherungen stehen in Kolumbien im Rahmen des Antientführungsgesetzes unter Strafe. Wir sind nicht einverstanden mit solchen Versicherungen, denn dadurch wird der Entführungsmarkt gestärkt. Wir haben keinerlei Verbindung zu ihnen.

R.P: Wie ist Ihr Verhältnis zum deutschen Bischof Emil Stehle?

W.M: Soweit mir bekannt, war Bischof Stehle Kandidat für den Friedensnobelpreis. Er ist ein sehr ehrenvoller und guter Mensch, der in den vergangenen Jahrzehnten viel für den Friedensprozess in Kolumbien getan hat.

R.P: Was denken Sie über die Beschuldigungen gegen ihn er habe finanzielle Vorteile aus der Verhandlung zur Befreiung von Entführten der Guerilla gehabt?

W.M: Wie leicht ist es doch Beschuldigungen zu erheben! Das habe ich selbst nach meiner Verhaftung 1996 in den kolumbianischen Medien erlebt die sehr sorglos in die Falle einer Desinformationskampagne tappten. Der moralische Mord (Rufmord) ist schlimmer als der wirkliche Mord, denn das Opfer eines moralischen Mordes lebt weiter, aber unter falschen Anschuldigungen.
Das ist für viele Menschen schlimmer als tot zu sein.


 

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