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Es muß wieder Gerechtigkeit herrschen

RZ (Rheinzeitung)   30.07.1998

Dietmar Brück  

 

Kolumbianischer Guerillaführer Antonio Garcia im Exklusivinterview mit unserer Zeitung:

Massaker endlich aufklären


In Kolumbien gibt es nur Frieden, wenn der Staat hart gegen rechtsextreme paramilitärische  Gruppen vorgeht. Das erklärte Antonio Garcia, zweiter Kommandant der Guerillagruppe ELN, im Gespräch mit unserer Zeitung. Zugleich würdigte er die

Rolle der Kirche beim Friedensprozess. Garcia hat noch nie zuvor einer europäischen Zeitung ein Interview gegeben.

 


Bogota/Mainz
. Hier das Interview im Wortlaut.


Wie groß sind die Chancen, dass der in Mainz angestoßene Friedensprozess in Kolumbien erfolgreich sein wird?


Es ist durchaus möglich, dass der Friedensprozess nach geplanten weiteren Gesprächen im November Ergebnisse zeigen wird. Aber es sind auch noch viele Hindernisse zu überwinden.



Welche Hürden sind das?


Zu einem wirklichen Friedenswillen gehört, dass entscheidende Kräfte in Kolumbien bereit sind, die Situation der Armen zu verbessern. Zudem muss der Staat seine Verstrickung in kriminelle Gewalt beenden. In Kolumbien werden unzählige Menschen ermordet oder verschwinden einfach. Seit Oktober 1997 bis heute starben über 1500 Menschen bei 404 Massakern, die von Paramilitärs in Kooperation mit dem Militär verübt wurden.


Der designierte Präsident Andres Pastrana will den Friedensdialog auch mit den rechtsextremen Paramilitärs führen. Ist das ein ermutigendes Signal?

Die Verbrechen der Paramilitärs an der Zivilbevölkerung müssen durch einen Untersuchungsausschuss des Parlaments und der Justiz öffentlich aufgeklärt werden. Sie und ihre Geldgeber gehören nicht an einen Friedenstisch. Sie haben das Land ausgeblutet.


Wird der neue Präsident, der die Aussöhnung des Landes zu seinem großen Ziel erklärt hat, den Friedenprozess voranbringen?


Der neue Präsident hat bisher noch kein klares Konzept für den Frieden. Ob er dem Frieden hilft, hängt davon ab, ob der Staat seine Politik ändert. Der Staat ist für viele Morde mitverantwortlich.



Was könnte ein erster Schritt zum Frieden sein?


Die Gesellschaft muss einen klaren Friedenswillen artikulieren und sich mit den Guerillagruppen treffen.



Welche Rolle kann die deutsche Regierung spielen?


Deutschland und die anderen internationalen Länder haben eine wichtige Rolle als neutrale Schlichter.



Was kann die kolumbianische, was kann die deutsche Kirche tun?


Sie vermitteln und bringen Zivilgesellschaft und Guerilla zusammen. In der „Erklärung von Himmelspforten“ hat die ELN zugesagt, dass sie keine Minderjährigen und Schwangeren mehr entführen will. Nach neusten Berichten haben ELN-Kämpfer entgegen dieser Zusage erneut auch wieder Kinder entführt. Die ELN hat – solange sie existiert – noch nie ein Kind entführt. Die jüngste Entführung wurde möglicherweise der ELN untergeschoben, um sie in ein schlechtes Licht zu rücken. Nach den Gesprächen in Mainz haben wir zwei ältere Menschen freigelassen, um uns an die Vereinbarungen zu halten. Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer schlug vor, inhaftierte Guerilleros in Kolumbien gegen Entführte auszutauschen.

 


Was halten Sie von dem Vorschlag?

Wir sind offen, darüber zu reden. Das größere Problem aber ist das der politischen Gefangenen, die in Kolumbien einsitzen. Hier werden Menschenrechte missachtet.


Die ELN entführte Unschuldige, verschmutzt Landstriche mit Anschlägen auf Ölpipe-lines. Wie lässt sich das mit ihren Zielen vereinbaren?


Ölgesellschaften finanzieren Paramilitärs und Militär. Damit finanzieren sie den Krieg und sind ein militärisches Ziel. Wir haben versucht, die Schäden auf ein Minimum zu beschränken. Aber im Krieg ist das nicht immer möglich. Die ELN entführt Mitarbeiter ausländischer Firmen, angeblich um Unternehmen Abgaben abzupressen. Wir verlangen unter anderem eine Kriegssteuer. In den von uns beherrschten Gebieten ist der Staat abwesend. Wir müssen uns auch um Schulen, die Verwaltung der Gemeinden und vieles andere kümmern. Daher erheben wir Steuern.



Welche Gesellschaft streben Sie an?


Es wird schwer sein, den Kampf von heute auf morgen aufzugeben. Am wichtigsten ist, dass wieder Gerechtigkeit im Land herrscht. Jeder soll nach seinen Möglichkeiten die gleichen Chancen haben. Wer in unserem Land Gerechtigkeit sucht, wer Freiheit sucht, riskiert sein Leben. Wenn sich das geändert hat, wird es auch keinen Krieg mehr geben.

 


Antonio Garcia wird die „Seele der Guerilla“ genannt, Hintergrund : Fakten zu Garcia, der ELN und Kolumbien Nationales Befreiungsheer (ELN): Die zweitgrößte Guerillagruppe Kolumbiens hat 5000 Kämpfer unter Waffen. Sie wird von Nicolas Rodriguez Bautista geführt. Die ELN wird für Entführungen und Anschläge auf Pipelines verantwortlich gemacht, ist aber nicht in den Drogenhandel verwickelt.


Antonio Garcia: Der 42jährige gehört der ELN seit 23 Jahren an. Der zweite Mann nach ELN-Chef Bautista gilt als strategisches Hirn der Guerilla und ist Chef der Guerillaorganisation CNG, ein Bindeglied zwischen allen Guerillagruppen. Ihm wird eine wichtige Rolle beim Friedensprozess zugeschrieben.

Kolumbien: Das Land ist viermal so groß wie Deutschland und reich an Bodenschätzen. Mit jährlich über 30 000 Morden herrscht faktisch Krieg in dem Land, das zahlreiche Drogenskandale erschütterte. Die meisten Menschenrechtsverletzungen sollen rechtsextreme Paramilitärs verübt haben.

 

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages www.rheinzeitung.de

 

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